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Erlebnisberichte aus Mittel/Nordamerika


Sabrina berichtet aus Costa Rica


¡ Todo pura vida en mi vida ! - Mein neues Leben in Costa Rica


San Jose, 1. Dezember 2010

So, nun bin ich also hier. Costa Rica, Zentralamerika, September 2010 bis Januar 2011. Land der Vulkane, Meere, Wälder und Berge. Meine Entscheidung, diesem wunderschönen Fleckchen Erde vier Monate meiner Zeit zu schenken war wohl eine der besten meines Lebens. Nachdem ich meine Matur in der Tasche und von der Schule so ziemlich die Nase voll hatte, brauchte ich irgendeine Veränderung. Schon öfters habe ich über Volunteering gelesen und da ich ausserdem meine Spanischkenntnisse verbessern wollte, schien mir die Idee, einige Monate in einem lateinamerikanischen Land zu verbringen, als sehr naheliegend. Costa Rica wählte ich aufgrund der politisch stabilen Lage und der unglaublich grossen landschaftlichen Vielfalt, die das Land zu bieten hat. Herrscht in der Hauptstadt ein ewiger Frühling, ist es an den Küsten tropisch heiss und in den Bergen wiederum oft empfindlich kühl. Ein Viertel der Landesfläche ist zudem Nationalparkgebiet. Dies alles liegt jetzt über drei Monate zurück. Unterdessen habe ich hier so viel erlebt, dass ich gar nicht weiss, wo anzufangen. Ich erinnere mich noch gut an das mulmige Gefühl bei meiner Abreise, die ersten Nächte in meiner Gastfamilie. Alles war so neu und ungewohnt, doch auch unglaublich spannend. Ich lebe in San Jose, der Hauptstadt Costa Ricas. In jedem Reiseführer steht zu lesen, dass diese Stadt nicht der Ort ist, um länger zu bleiben. Doch für mich gilt das überhaupt nicht. Ich bin sogar freiwillig in diese Stadt zurückgekehrt, nachdem mein erstes Projekt in Jaco, Pazifikküste, eine ziemliche Enttäuschung war. Eigentlich sollte ich dort in der Primarschule Englisch unterrichten, doch davon konnte keine Rede sein. Die Lehrerinnen waren alle relativ unmotiviert und zeigten auch kein grosses Interesse, mich einzuweisen oder etwas über die Schule allgemein zu erzählen. Da ich meine erste Gastfamilie in San Jose supergerne mochte, erkundigte ich mich kurzerhand bei der Organisation, ob ein Wechsel möglich wäre. Glücklicherweise, und damit auch Dank an meine Ansprechpartner in Costa Rica, war dies überhaupt kein Problem. So landete ich nach eineinhalb Wochen Jaco wieder zurück in San Jose. Mein neues Projekt, Mithilfe in einer Schule für geistig behinderte Kinder, gefiel mir vom ersten Tag an. Ich arbeite zusammen mit einer Lehrerin und deren Assistentin in einer Gruppe von fünf tollen Jungs im Alter von 10 bis 13 Jahren. Anfangs wusste ich noch nicht so recht, wie ich mich verhalten soll. Meine Erfahrung mit behinderten Kindern war nämlich gleich Null. So blieb ich die ersten Tage eher ein wenig im Hintergrund, doch wenn ich jetzt daran zurückdenke, muss ich doch ein wenig schmunzeln. Gehe ich heute zur Arbeit, male, spreche und lache ich mit meinen „chicos“. Von Scheu überhaupt keine Rede mehr. Jeder von ihnen ist mir unglaublich ans Herz gewachsen. Noch mehr aber freue ich mich darüber, wenn ich einen Fortschritt in deren Entwicklung miterleben darf. Zum Beispiel Dennis, 12 Jahre. Sprach er bei meiner Ankunft praktisch gar nicht, antwortet er jetzt auf bestimmte Fragen mit klar verständlichen Wörtern. Solche Momente berühren mich immer sehr tief. Doch abgesehen davon kommen noch viele weitere, grossartige Dinge zu meinem Aufenthalt hinzu. Wie etwa der Kontakt zu so vielen unterschiedlichen Menschen. Zuerst natürlich die Gastfamilie. Mag es einem zu Beginn etwas komisch vorkommen, in einem völlig fremden Haushalt zu leben, legt sich dies nach den ersten Wochen gänzlich. Meine Gastmutter ist der liebste Mensch auf Erden, und dank meinem jetzt schon ziemlich guten Spanisch ist die Verständigung auch kein Problem mehr. Vielleicht eher die gutgemeinten Riesenberge von Essen, die ich jeden Tag vorgesetzt bekomme. Reis und Bohnen zum Frühstück? Man gewöhnt sich an alles! Auch daran, an den Wochenenden wunderschöne Plätze zu bereisen. Ich werde nie den Moment vergessen, als ich das erste Mal an einem puderweissen Sandstrand an der Karibikküste mitten in der Nacht ein Bad genommen habe. Oder als ich in strömendem Regen durch den „Regenwald“ gewandert bin. Oder abends den Schildkröten beim Eierlegen am Strand zugeschaut habe.

Mein Aufenthalt hier geht bald dem Ende zu. Doch wer auch immer diese Zeilen hier liest und sich Gedanken über einen Einsatz als Volunteer macht – zögert nicht! Ich kann wirklich nur empfehlen, dieses Abenteuer zu wagen. Ich lerne jeden Tag Neues, und auch wenn ich in der ersten Woche oft Heimweh und mich allein gefühlt habe, mit ein bisschen Eigeninitiative überwindet man diese Zeit schnell. Vielleicht ist es zu früh, dies zu sagen, aber ich glaube, ich bin hier sehr viel selbständiger geworden und grüble weniger über unwichtige Dinge nach. Zudem ist mir auch bewusst geworden, in welch privilegierter Lage ich mich befinde. Die meisten Menschen, die ich hier treffe, haben oft noch nie ein anderes Land als ihre Heimat gesehen. Und ich reise kreuz und quer in Costa Rica umher, bin auch schon nach Panama gefahren und kann es kaum erwarten, noch mehr von der Welt zu sehen. Dies ist ein weiterer Aspekt, vor dem ich an dieser Stelle warnen muss – Reisen macht süchtig!

In diesem Sinne wünsche ich allen zukünftigen Freiwilligen, dass sie eine so tolle Zeit verbringen wie ich es hier gerade tue. Und denkt daran: Verliert nie den Mut, egal in welcher Lage ihr euch befindet. Jeder Tag steckt voller neuer Überraschungen, auch wenn es nicht immer gerade danach scheint. Und diese gilt es zu entdecken und zu geniessen!



Sabrina Messmer, 19 Jahre, Schweiz

In Costa Rica seit dem 28. August 2010 bis zum 31. Dezember 2010